Gedanken am 13.5.2020 – Abwägung von Grundwerten und Polarisierung
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Gedanken am 13.5.2020 – Abwägung von Grundwerten und Polarisierung

Gedanken am 13.5.2020 – Abwägung von Grundwerten und Polarisierung

In einem Kommentar zum vorgestrigen Gedanken wurde suggeriert, dass der Grund für die diverse Meinungen darüber, ob die Maßnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus, eine unterschiedliche Bewertung zwei Werte sein könnten, Leben bzw. Lebensschutz und Freiheit: „Was zählt bei der Bekämpfung der Pandemie mehr: Der Lebensschutz oder die Freiheit? Aber lassen sich diese Grundrechte überhaupt gegeneinander abwägen?“

Meiner Meinung nach sind die Gründe komplexer und haben womöglich mehr mit Gruppendynamik zu tun als unterschiedliche Bewertung von Lebensschutz und Freiheit. Viele Gegner der derzeitigen Einschränkungen zum Schutz der Gesundheit sind für eine ganz starke Einschränkung der Freiheitsrechte, wo diese Rechte gebraucht würden, ungeborenes Menschenleben zu nehmen (Abtreibung). Umgekehrt viele Befürworter der derzeitigen Einschränkungen sind der Meinung, die Rechte der Frau hätte absoluten Vorrang sowohl über das Ungeborene Leben wie auch über das Interesse des Vaters und des Staats an dieses neue Leben. Die oft ziemlich undifferenzierte and absoluten Meinungen sind im übrigen auch ein Hinweis, dass es diesen Gruppen oft allein um die Werte an sich (Freiheit, Menschenleben, usw.), sondern um politische Identität geht: zu wem/welcher Gruppe steht man?

An beiden politischen Seiten wird abgewogen und entschieden zwischen Freiheit und Leben. Es gebe tausende Beispiele, wo man solche Abwägungen im alltäglichen und im politischen Leben macht. Wenn jemand den Mount Everest besteigen möchte, wissend, dass 6% soviel sterben im Versuch, als erfolgreich den Gipfel erreichen und heil zurückkehren, dass es also lebensgefährlich ist, wägt er selber ab zwischen dem, was er im Bergsteigen sucht und der Schutz seines Lebens. Wenn ich den Versuch unterlasse, jemandem das auszureden, wäge ich zwischen seiner Freiheit und seiner Suche nach Glück und dem Schutz seines Lebens ab. Das gleiche Prinzip gilt bei geringerer Gefahr, wenn jemand 200km mit dem Auto zurücklegt um eine nette Wanderung zu machen, nimmt er das Risiko in Kauf, um andere Dinge zu erreichen.

Auf der Ebene der Politik, entschied man in Österreich für Geschwindkeitsbegrenzung von 100km/h auf Landesstraßen und 130km/h auf Autobahnen. In einem gewissen Kompromiss zwischen der Freiheit des einzelnen, sich so zu bewegen, wie er möchte, dem wirtschaftlichen Interessen an höhere Mobilität, und dem Risiko zum Leben.

Diese und ähnliche Abwägungen sind schlicht und einfach notwendig, wenn wir nicht schizophrenieartig oder nach momentanen Gefühlen leben würden. Niemand macht Leben oder Lebensschutz zu einem absoluten Wert. Auch wenn es politisch akzeptabel oder gar politisch korrekt ist, so zu reden, als ob man es tut.

Wenn in der öffentlichen Wahrnehmung besonders Wissenschaftsskeptiker, Verschwörungstheoretiker usw., stark gegen die Maßnahmen auftreten, hat das wohl auch mit zwei Gründen zu tun: besonnene nüchterne Menschen sind nicht so von einer Seite überzeugt, weil sie gute Argumente auf beiden Seiten sehen; auch wenn sie tendenziell der Meinung sind, dass die Maßnahmen übertrieben sind, kritisieren sie nicht so stark, weil sie ihrer eigenen Meinung nach nicht so sicher sind; und weil tendenziell Kritiker gleich als Fanatiker abgestuft werden, die eben die Freiheit vor dem Leben stellen würden. Solche polarisierenden Einstufungen sind weder der Wahrheit noch einer ausgewogenen Politik nicht dienlich.

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