10 Apr Predigt am Sonntag 11.4.2021 (Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit)
„Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele.“ Die Jugendzeit ist oft eine Zeit voller Sehnsucht und Begeisterung: so war auch die Jugendzeit der Kirche geprägt von der Begeisterung für Jesus und seine Sache. Diese Begeisterung relativierte die Kluft zwischen Armen und Reichen, wie auch die Sorge um die eigene Zukunft. Denn über allem stand die Liebe zu Gott und zueinander. Auch Nichtchristen bewunderten den Zusammenhalt der Christen: „Seht, wie sie einander lieben!“.
Wie wir es heute bei jungen Gemeinschaften und Bewegungen manchmal sehen, führte vielleicht auch diese Begeisterung der Frühchristen auch zu manchem Exzess. Getragen von der Erfahrung, „Jesus lebt und er wird alles vollenden“, verkauften sie oft einen Großteil ihres Eigentums und spendeten den Erlös für das gemeine Wohl. Hat diese Entäußerung dazu beigetragen, dass bei der künftigen Hungersnot in Jerusalem, Paulus jahrelang für die Gemeinden in Jerusalem sammeln musste? Es ist möglich.
Wie steht es heute? Auch heute ist die Einheit in der Liebe ein Zeichen der Lebendigkeit und der Tiefe des Glaubens an die Auferstehung Jesu, und ein starkes Zeugnis für die Welt. Die Liebe Christi, die Mauern zwischen Menschen überwindet, wird aber hier und heute anders sichtbar. Bei uns ist die Kluft, die die Liebe zu überwinden hat, besonders zwischen diverse Fraktionen und Gruppierungen, politisch wie innerkirchlich.
Einige meinen z.B., die Kirche geht viel zu locker um mit der eigentlich radikalen Lehre und hohen Ansprüchen des Evangeliums: (nicht Katholiken empfangen die Kommunion, Theologen bleiben im Lehrstuhl, die eine wirkliche Auferstehung Jesu verleugnen, usw.) Andere meinen, die Kirche hält viel zu viel an veralteten Lehren und Praxen und erstarrt in ihrer Tradition, statt von Entwicklungen in der Gesellschaft zu lernen und auf neue Bewegungen und Bedürfnisse einzugehen. (Von dieser Seiten kamen unlängst die Proteste über die Erklärung der Glaubenskongregation zu Segnungen.)
Unsere Überzeugungen geben uns Orientierung und geistige Sicherheit, so wie Eigentum die materielle Existenz sichert. Wertschätzendes Zugehen auf und vorbehaltlose Annahme der Schwester und Brüder in Jesus, die eine ganz andere Meinung haben, bedeutet oft ein gewisses Loslassen von der eigenen Überzeugung und der damit verbundenen Sicherheit.
Vielleicht kommt es auch dabei zu manchem Exzess. Das ist schon möglich. Davor brauchen wir aber keine Angst zu haben. Am Ende unseres Lebens, und dann, wenn wir vor Gott stehen, der die Liebe ist, werden wir vielleicht erkennen, wir haben zu viel gearbeitet, zu viel gekämpft, oder zu viel gestritten. Es wird aber keine von uns bereuen, er habe zu sehr geliebt. Fürchten wir uns nicht vor einem Exzess der Liebe, die auch aus unserer Gemeinde „ein Herz und eine Seele“ machen kann, vertrauen wir der Liebe Gottes, die das wirken will!
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